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BGH: Gesteigerte Unterhaltsverpflichtung gegenüber Minderjährigen und Verpflichtung zur Ausübung einer Nebentätigkeit

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Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 24.09.2014 ( Az: XII ZB 111/13) ausgeführt, dass von einem Unterhaltsschuldner im Rahmen seiner gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber Minderjährigen verlangt werden kann, dass er neben seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit ausübt.

Im vorliegenden Fall hatte eine Tochter ihren leiblichen Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts in Anspruch genommen.

Der Vater berief sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit, da er Vater von drei weiteren minderjährigen Kindern wäre und mit deren Mutter, welche noch drei weitere Kinder aus früheren Beziehungen hätte, zusammenleben würde und über Gesamteinkünfte von lediglich netto € 700,00 verfügen würde.

Erst- und zweitinstanzlich konnte die Tochter mit ihrem Antrag auf Zahlung von Mindestunterhalt nicht durchdringen.

Daher legte sie Rechtsbeschwerde ein.

Der Bundesgerichtshof rügte in seinem Beschluss, dass das OLG zu geringe Anforderungen an die Darlegung einer begrenzten Leistungsfähigkeit des Vaters gestellt habe.

Nach § 1603 Abs. 1 BGB sei nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande sei, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu leisten.

Gemäß § 1603 Abs. 2 BGB seien Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht).

Die Eltern hätten die Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Dies folge aus Art. 6 Abs. 2 GG und den Vorschriften des § 1603 BGB.

Unterlasse es der Unterhaltspflichtige, eine ihm mögliche und zumutbare Tätigkeit auszuüben, obwohl der diese ausüben könne, so könne in diesen Fällen neben den tatsächlichen auch fiktiv erzielbare Einkünfte bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt werden.

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte setze jedoch eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltsverpflichteten voraus, da dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden dürfe, welches realistischerweise von ihm erzielen sei.

Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines – wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit- lediglich fiktiven Einkommens aus der Vollzeiterwerbstätigkeit festzusetzen sei treffe den Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich zudem eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner.

Die Grenze der vom Unterhaltsverpflichteten zu verlangenden Tätigkeiten ergebe sich aus den Vorschriften des Arbeitsschutzes und den Umständen des Einzelfalls, da die Anforderungen nicht dazu führen dürften, dass eine Tätigkeit unzumutbar erscheine.

Da im vorliegenden Fall das OlG die Sachlage nicht vollständig aufgeklärt hatte hat der BGH das Verfahren zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. ER hielt die Einkommensangaben des Vaters für nicht nachvollziehbar und bemängelte, dass der Vater nicht dargelegt und bewiesen habe, dass ihm die Ausübung einer Nebentätigkeit nicht zumutbar sei. Allein aus der Tatsache, dass der Vater mit weiteren eigenen und Kindern der Kindesmutter zusammenlebe lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass ihm eine Nebentätigkeit unzumutbar sei.
 
Foto von Marion Stammen-Grote | Bildernachweise im Impressum
 

Die Autorin
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Marion Stammen-Grote

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Marion Brigitte Stammen-Grote ist seit 2002 zugelassene Rechtsanwältin.

Seit 2013 führt Sie erfolgreich ihre Einzelkanzlei in Monheim am Rhein - Baumberg (NRW) mit den Tätigkeitsschwerpunkten: Familienrecht, Erbrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Straßenverkehrsrecht sowie allgemeines Vertragsrecht.

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