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BGH: Schadensersatzanspruch des Mieters bei Vorenthaltung des Vorkaufsrechts

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 21.01.2015 (Aktenzeichen VIII ZR 51/14) entschieden, dass ein Mieter Anspruch gegen seinen Vermieter auch auf Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Gewinns hat, wenn dieser ihm bei dem Verkauf seiner Wohnung das Vorkaufsrecht (§ 577 BGB) vorenthält.

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus seit 1992.

Im Jahre 2011 veräußerte die Beklagte, die Eigentümerin sämtlicher Wohnungen, diese an einen Dritten.

Sie informierte die Klägerin weder vom Kaufvertragsabschluss noch wies sie diese auf ein Vorkaufsrecht hin.

Im Jahr 2012 bot der neue Eigentümer der Klägerin die von ihr bewohnte Wohnung zum Kauf zu einem Preis in Höhe von € 266.250,00 an.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte sei ihr durch die unterlassene vorzeitige Unterrichtung von dem Verkauf zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet, da sie ihr das ihr gesetzlich zustehende Vorkaufsrecht vereitelt habe.

Bei Ausübung des Vorkaufsrechts hätte sie die Wohnung zu einem Kaufpreis in Höhe von € 186.571,00 erwerben können, da die Beklagte sämtliche Eigentumswohnungen in Jahr 2011 zu einem Gesamtpreis von € 1,3 Mio veräußert habe und der auf ihre Wohnung entfallende Anteil an dem gezahlten Gesamtkaufpreis € 186.571,00 betragen hätte.

Sie hätte damit einen Gewinn von € 79.428,75 erzielen können, da die Wohnung nunmehr einen Wert in Höhe von € 266.250,00 habe.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen mit der Begründung, der seitens der Kläger geltend gemachte Schaden sei nicht vom Schutzzweck des § 577 BGB gedeckt. Die Differenz zwischen Verkehrswert und Kaufpreis sei nur dann ersatzfähig, wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht ausgeübt habe und der Vermieter anschließend den dadurch zustande gekommenen Kaufvertrag nicht erfülle, sondern die Wohnung an einen Dritten veräußere.

Der BGH hat nunmehr entschieden, dass der Mieter auch dann einen Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreis – abzüglich ersparter Kosten – als Erfüllungsschaden haben könnte, wenn der Mieter infolge der Verletzung der den Vermieter treffenden Mitteilungspflichten aus § 577 Abs. 1, S. 3, § 469 Abs. 1, S. 1, § 577 Abs. 2 BGB vom Inhalt des Kaufvertrages und seinem Vorkaufsrecht erst nach Übereignung der Wohnung an den Dritten Kenntnis erlangt und aus diesen Gründen von der Ausübung des Vorkaufsrechts absieht.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Mitteilung vom Eintritt des Vorkaufsfalls und die Belehrung über die Vorkaufsberechtigung den Mieter in die Lage versetzen sollen, sein Vorkaufsrecht auszuüben, um damit einen Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu begründen. Erhalte der Mieter diese Informationen erst zu einem Zeitpunkt, in welchem der Kaufvertrag mit einem Drittkäufer bereits abgewickelt sei, bestünde die Vermutung, dass der Vermieter die nicht mehr in seinem Eigentum stehende Wohnung nicht mehr an den Mieter übereignen könne.

In diesem Fall könne der Mieter nicht mehr auf die Ausübung seines Vorkaufsrechts verwiesen werden, da zu diesem Zeitpunkt bereits feststünde, dass der Vermieter den durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zustande kommenden Kaufvertrag gar nicht mehr erfüllen könne.

Vielmehr sei der Mieter in diesem Fall berechtigt, unmittelbar Ersatz des Erfüllungsschadens, vorliegend in Form des entgangenen Gewinns- zu begehren, welcher ihm bei Ausübung des Vorkaufsrechts entstanden wäre.

Der Erstattungsfähigkeit eines solchen Schadens stünde auch nicht ein eingeschränkter Schutzzweck des Vorkaufsrechts nach § 577 BGB entgegen.

Der Gesetzgeber verfolge mit der Regelung des § 577 BGB nicht nur die Absicht, den Mieter davor zu schützen, von einem Drittkäufer verdrängt zu werden, sondern wolle dem Mieter auch die Möglichkeit eröffnen, ihn an ausgehandelten günstigen Konditionen teilhaben zu lassen und ihm damit die Möglichkeit zu eröffnen, die Wohnung zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter zu zahlen bereit gewesen wäre.

Der BGH hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da weitere tatsächliche Feststellungen getroffen werden müssen, bevor eine abschließende Entscheidung möglich ist.
 
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Die Autorin
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Marion Stammen-Grote

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Marion Brigitte Stammen-Grote ist seit 2002 zugelassene Rechtsanwältin.

Seit 2013 führt Sie erfolgreich ihre Einzelkanzlei in Monheim am Rhein - Baumberg (NRW) mit den Tätigkeitsschwerpunkten: Familienrecht, Erbrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht, Strafrecht, Straßenverkehrsrecht sowie allgemeines Vertragsrecht.

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